Dienstag, 23. Februar 2016

"Bridge of Spies" - Die Oscars 2016

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Auch wenn es bezüglich der Oscars oder sämtlicher Themenbereiche für eine Weile sehr ruhig auf meinem Blog war (durch die alljährliche Erkältung/Grippe, die auch mich erwischt hat), bleiben mir bis zum 28.02., in dessen Nacht die Oscars live übertragen werden, nur noch 6 Tage. Daher habe ich mich heute endlich dazu gebracht, meinen Filmmarathon zu beenden und die letzten zwei Filme in dieser Woche auch noch anzusehen - denn ich möchte in die Preisverleihung nicht starten, ohne nicht die Mehrheit aller Filme gesehen zu haben: um mir auch meine persönliche Meinung bilden zu können. Der nächste Beitrag wird "Carol" behandeln.

Heute habe ich Bridge of Spies gesehen. Ich bin ehrlich gesagt viel zu erschüttert, dass auch dieser Film sich wieder in die Riege großartiger Filme der Jahre 2015/16 einreiht - denn nun kommt schon wieder ein Film hinzu, dem ich einen Sieg gönnen würde.

Zum Inhalt

Der Film thematisiert den Kalten Krieg. Rudolf Abel ist ein Kunstmaler, der in New York als sowjetischer Spion tätig ist und seit einer Weile beschattet und damit später gestellt und verhaftet wird. Da er sich weigert, mit den Amerikanern zusammen zu arbeiten, soll es zu einem Prozess kommen, jedoch nur, um in der Öffentlichkeit eine "faire, demokratische" Verurteilung darzustellen. Als Pflichtverteidiger wird ihm James Donovan gestellt, der eigentlich Versicherungsanwalt ist und sich sehr unwohl fühlt, diesen schwierigen Fall zu übernehmen. Abel und er verstehen sich, fassen Vertrauen zueinander. Als Donovan seine Arbeit als Anwalt sehr ernst nimmt und Abel als normalen Angeklagten unabhängig seiner Spionage-Arbeiten betrachtet, bemerkt er, abgesehen von vielen Rechtsbrüchen, wie ihm alle anderen (wie z.B. der Richter) keinen fairen Prozess machen wollen und auf eine schnelle Verurteilung aus sind. Immerhin ist er ein sowjetischer Spion. Abel wird jedoch später zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, da Donovan den Richter von einer Todesstrafe abbringen konnte. Dies wird ihm dann selbst zum Verhängnis, als ganz New York sich gegen ihn wendet und sogar sein Haus beschossen wird - da er einem Kommunisten hilft (denn Donovan hat aufgrund der Rechtsbrüche auch beim Supreme Court Revision eingelegt, jedoch verloren.) Abel kann nun auch zum Austausch gegen einen US-Bürger, der von der UdSSR gefangen genommen wurde, auf Reserve gehalten werden.

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Nebenbei erzählt der Film noch zwei weitere Handlungsstränge. Die des jungen Gary Powers, der für die US AirForce arbeitet, einen Flieger über der Sowjetunion führen muss, jedoch abgeschossen wird. Er hat nicht mehr die Möglichkeit, eine Giftnadel, die ihm für den Selbstmord übergeben wurde, zu benutzen, oder den Selbstzerstörungsmechanismus zu bedienen und wird gefangen genommen. Er wird in der Sowjetunion zu 10 Jahren Haft veurteilt, die ersten 3 davon in einem Gefängnis und den Rest in einem Arbeitslager. Durch Schlafentzug wird er gefoltert, um Geheimnisse preiszugeben, was er jedoch nicht tut.
Die dritte Geschichte erzählt vom Leben eines jungen, amerikanischen Studenten (Frederic Pryor), der in Berlin studiert und eine Dissertation über die kommunistische Wirtschaftspolitik geschrieben hat. Als er zur Zeit des Mauerbaus von West nach Ost flieht, um seine Freundin und ihren Vater mit herüber zu holen, da er realisert hat, dass es vielleicht keine Chance mehr dafür geben wird, wird er misstrauisch beäugt und später verdächtigt und festgenommen. Er wird auch als Spion bezeichnet.

Der Film zeigt danach Donovans Bemühungen, einen Austausch in Berlin zu arrangieren, der Abel gegen Pryor und Powers tauscht, was ihm nach langem Verhandeln und einigen Schwierigkeiten gelingt.

Mein Eindruck
Ich war sofort vom Film gepackt. In den ersten Minuten folgt man ohne jegliche Kommentare Mark Rylance (Abel) und sieht ihm bei seinen Spionage-Tätigkeiten und seiner Festnahme zu. Der Schauspieler, den ich leider zuvor noch in keinem Film gesehen hatte, hatte mich sofort in seinen Bann gezogen. Er spielte die Rolle des Spions sehr charmant, sehr überzeugend und vor allem sehr im Einklang mit sich selbst. Ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll. Er hat die Rolle unglaublich gut dargestellt, die einen Spion zeigen sollte, der sich sämtlicher Folgen jeglicher Situationen seiner "Arbeit" vollständig und ruhig bewusst war, ohne in Panik zu geraten. Dies hat er ausgezeichnet dargestellt und ich war begeistert von seinem Schauspiel, das in seiner Ruhe trotzdem so viel Aussagekraft hatte. Selbst sein Blick, den er stetig ähnlich hielt, sagte so viel über die Ansichten und inneren Gedanken Abels aus, das ich nicht mehr wegschauen konnte. Ich bin mehr als glücklich, dass dieser grandiose Schauspieler vorab mit einer Nominierung für den Besten Nebendarsteller geehrt wurde und ich kann das erste Mal deutlich sagen, dass ich es ihm am meisten wünsche. Bei den Hauptdarstellern (sowohl männlich, als auch weiblich) kann ich mich nicht wirklich entscheiden und würde es vielen Nominierten gönnen. Doch neben Mark Ruffalo bin ich überzeugt, dass Mark Rylance definitiv den Oscar erhalten sollte - denn er hat auch Mark Ruffalo noch etwas voraus.

Natürlich war auch Tom Hanks in der Rolle des Anwalts Donovan eine ausgezeichnete Besetzung. Ich bin ein Fan von Hanks, ich erwarte nichts anderes mehr von ihm, als eine bravouröse Leistung. Auch hier hat er wieder bewiesen, wie er jegliche Rollen für sich einnehmen kann, ohne dabei an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Ich habe mit ihm gelitten, wie mit Abel und fand seine Darstellung sehr gut.
Ich finde es schade, dass Hanks nicht in der Best Actor Kategorie nominiert wurde und muss ehrlich sagen, dass ich ihn vielleicht lieber als Michael Fassbender dort gesehen hätte, denn Hanks' Leistung war für mich einfach ein kleines bisschen besser als seine. Aber das ist Geschmackssache und natürlich hat auch Fassbender die Nominierung verdient. Hanks fehlt mir jedoch in der Gruppe.
Ich habe mich gefreut, Sebastian Koch schon wieder in einem Oscar-Nominierten Film zu sehen, beziehungsweise in einem Film zu sehen, den ich für die Oscar-Vorbereitung geschaut habe. Er scheint DER deutsche Schauspieler zu sein, der für alle möglichen Rollen genommen wird, da er auch in jedes stereotypische Männerbild passt. Er hat den deutschen Anwalt mit gerissenen Machenschaften genauso gut porträtiert wie den deutschen fortschrittlichen Arzt, der Eddie Redmayne nicht für seine Transsexualität verurteilt hat. Daher war ich auch in diesem Film positiv überrascht. Neben ihm haben auch ein paar andere deutsche, bekannte Gesichter mitgewirkt.


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Im Großen und Ganzen hat mich der Film natürlich bewegt, da er auch einen großen Teil deutscher Geschichte erzählt, die natürlich im Kalten Krieg verflochten ist. Der Film spielt eine lange Zeit in Berlin, wo viele Gänsehaut-Momente gezeigt werden. Allein schon zu sehen, wie für den Mauerbau Stein auf Stein gesetzt wurde, ist für mich immer wieder ein abscheulicher Anblick, der mir große Angst einjagt, wenn ich daran denke, dass meine Eltern in dieser Zeit gelebt haben und in meinem jetzigen Alter waren, als Deutschland geteilt war. Etwas, das für mich unvorstellbar ist. Ein schrecklicher Moment ist auch, als Donovan in der S-Bahn an der Mauer vorbeifährt und sieht, wie Leute, die in den Westen flüchten wollen, einfach abgeschossen werden. Alle Passagiere in der Bahn stürmen zum Fenster und können nicht glauben, was sie gesehen haben, doch ich bin froh, dass der Film auch diesen Teil nicht kaschiert. Ich habe das Gefühl, dass die Zeit des Kalten Krieges / der DDR in Film und Fernsehen nicht immer so grausam dargstellt wird, wie andere Kapitel deutscher Geschichte und ich finde es wichtig, dass es auch Produktionen gibt, die dies nicht ignorieren.
So hat Bridge of Spies versucht, alle Seiten zu beleuchten. Im Vordergrund standen natürlich die amerikanische und später auch die deutsche Sicht / Situation, da dort ein großer Teil der Handlung stattgefunden hat. Die Lage und Sichtweise der Sowjetunion wurde nur angerissen und besonders durch die Folter von Gary Powers oder am Ende des Films beim Austausch der "Gefangenen" als grausam / gerissen porträtiert wird, was sicherlich daran liegt, dass der Film eine Deutsch-Amerikanische Produktion ist. Mir hat gut gefallen, dass der Film neben der Hauptsprache "Englisch" sowohl Elemente und Szenen in Deutsch und Russisch enthält, was für mich eine glückliche Situation war, da ich wenigstens 2/3 Sprachen mächtig bin und der russische Anteil sehr bescheiden war. Für Englischsprachige könnten jedoch ein, zwei Informationen verloren gehen, insofern der Film nicht extra untertitelt wird.

Steven Spielberg als Regisseur und Produzent hat (ohne Überraschung) einen weiteren, grandiosen Film entstehen lassen, der die Handlung dreier Beteiligter und ihren Verbindungscharakteren gut und strukturiert erzählt. Die Dialoge sind durchdacht und oft (besonders bei Abel) sehr gerissen. Man hat trotz der 2 1/2 Stunden Spiellänge nicht das Gefühl, einer trägen oder in die Länge gezogenen Handlung folgen zu müssen und wird von kleinen Momenten, die einen lächeln lassen auch nach den aufreibenden Szenen wieder etwas beruhigt. Der Film appelliert besonders durch Hanks' Rolle und Darstellung an Menschlichkeit und vernünftige, faire, Behandlungen, was meiner Meinung nach ein gutes "Motto" ist, das ein Film sich aneignen sollte. Da Bridge of Spies sich darauf konzentriert, überzeugt er für mich.

Thomas Newman, der ebenfalls für einen Oscar für die beste Filmmusik nominiert ist, hat ebenfalls tolle Arbeit geleistet. Da Spielbergs sonstiger Mann für diesen Job, John Williams, aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verfügung stand, hat Newman seine Arbeit sehr erfolgreich übernommen.

Wenn man geschichtlich interessiert ist, kann ich den Film besonders empfehlen; ansonsten ist er trotzdem ein tolles Erlebnis für die, die Steven Spielbergs Arbeit mögen. Um die kritische Phase des Kalten Krieges / internationaler Geschichte zu beleuchten, sollte Bridge of Spies definitiv unter den besten Filmen in dieser "Kategorie" mit aufgezählt werden.

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